Erwerbstätigkeit während Krankschreibung rechtfertigt fristlose Kündigung

Eine außerordentliche Kündigung kann gerechtfertigt sein, wenn ein Arbeitnehmer, während er krankgeschrieben ist, einer anderweitigen Erwerbstätigkeit nachgeht. Diese anderweitige Tätigkeit kann nur ein Hinweis darauf sein, dass der Arbeitnehmer die Krankheit vorgespiegelt hat. Die Kündigung kann auch deshalb gerechtfertigt sein, weil der Arbeitnehmer durch seine anderweitige Erwerbstätigkeit pflichtwidrig die Heilung der Krankheit verzögert. (BAG, Urteil vom 3. April 2008, Aktenzeichen 2 AZR 965/06).

Der Fall

Der Kläger war bei der Beklagten als Kraftfahrer beschäftigt. Nachdem sich der Kläger mehrfach für längere Zeit arbeitsunfähig gemeldet hatte, stellte die Beklagte Nachforschungen an. Diese ergaben, dass der Kläger während der Arbeitsunfähigkeit ein Café betrieb und dort Gäste bediente, den Geschirrspüler leerte und ähnliche Tätigkeiten verrichtete. Die Beklagte kündigte, nachdem sie den Betriebsrat mit Schreiben vom 1. Juni 2004 unterrichtet hatte, am 2. Juni und, nachdem der Betriebsrat am 4. Juni Stellung genommen hatte, erneut am 7. Juni fristlos, hilfsweise fristgerecht.

Die Entscheidung

Das BAG stellte in seinen Urteilsgründen fest, dass zwar die Kündigung vom 2. Juni unwirksam war, weil sie ausgesprochen wurde, bevor die gesetzliche Frist zur Stellungnahme des Betriebsrates abgelaufen war. Aber zur Kündigung vom 7. Juni sei der Betriebsrat ordnungsgemäß angehört worden. Dem stand nicht entgegen, dass die Anhörung zu dieser Kündigung auf der Grundlage desselben Schreibens wie die Anhörung zur vorausgegangenen Kündigung vom 2. Juni erfolgte. Dies war unschädlich, weil der Betriebsrat bei seiner Beschlussfassung am 4. Juni wusste, dass er zu einer noch auszusprechenden Kündigung angehört wurde und seine Rechte ungeschmälert wahrnehmen konnte.

Die Kündigung kann auch in der Sache gerechtfertigt sein. Geht ein Arbeitnehmer während einer Krankschreibung einer anderweitigen Erwerbstätigkeit nach, so kann das ein Hinweis darauf sein, dass er in Wirklichkeit gar nicht arbeitsunfähig ist. Außerdem kann hierin eine pflichtwidrige Verzögerung der Heilung liegen. In beiden Fällen kommt eine außerordentliche Kündigung in Betracht.

Das Fazit

Der Arbeitgeber muss grundsätzlich die in § 102 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) geregelte Anhörungsfrist des Betriebsrates von drei Tagen abwarten, bevor er dem Beschäftigten kündigt. Er darf vor Ablauf der drei Tage nur dann kündigen, wenn der Betriebsrat schon abschließend Stellung genommen hat.Eine verhaltensbedingte Kündigung kann gerechtfertigt sein, wenn während der Erkrankung der Beschäftigte gegen ärztliche Anordnungen verstößt und sich hierdurch die Genesung verzögert oder er eine körperliche Betätigung verrichtet. Grundsätzlich geht von einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ein erheblicher Beweiswert für die tatsächliche Krankheit des Arbeitnehmers aus. Verrichtet der Beschäftigte jedoch anderswo bestimmte Arbeiten, so ist der Beweiswert dieses Krankheitsattestes erschüttert.

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